Hermann Stenner
Recto: Ziegelei – Verso: Stehende Madonna
Beschreibung
• 1913 stellt ein besonders produktives Jahr im sehr kurzen Leben Stenners dar
• Schon 23-jährig verstorben, zeigt sich hier bereits seine Meisterschaft
• Das Bild verbindet Arbeiterkultur und Volksreligion auf expressionistische Weise
Als Hermann Stenner 1914 im Krieg stirbt, ist er 23 Jahre alt. Erst seit 1908 lernt er an diversen Akademien Malerei, zu seinen Lehrern gehören Meister wie Adolf Hölzel, bei dem er ab 1911 lernt und sogar ein Meisterschüleratelier nutzen darf. Doch auch das Werk Kandinskys beeinflusst den Schüler und jungen Künstler entscheidend. Durch Akademiestationen in Bielefeld, München, Dachau, Stuttgart sowie Exkursionen lernt Stenner eine Reihe an Kunststilen kennen, experimentiert – und formt so seine eigene künstlerische Stimme. Diese ist deutlich vom Expressionismus durchflossen, zudem finden sich Anleihen an die süddeutsche Malerei der Zeit ebenso wie Verweise auf seine ostwestfälische Herkunft.
1914 meldet sich Stenner freiwillig zum Frontdienst, Ende desselben Jahres ist er tot. Die Kriegsbegeisterung, die er mit vielen anderen jungen Männern seiner Generation – und auch mit vielen Künstlern seiner Zeit – teilt, sie endet für Hermann Stenner am frühen Morgen, irgendwo vor Iłów.
1913 malt Stenner das hier angebotene Bild. Die Vorderseite – oder besser: die Seite, die für die Vorderseite gehalten wird – gibt uns einen Einblick in die Welt der Arbeiter. Das Motiv der Ziegelei taucht wiederholt im Werk Stenners auf, eine andere Version wurde aus der Kunsthalle Bielefeld im Rahmen nationalsozialistischer „Säuberungen“ als „Entartete Kunst“ entfernt. In unserer Version nun rauchen die Schornsteine der Fabrik, Ziegel werden gebrannt. Fast idyllisch mutet die Gebäudeansammlung umgeben von hohen Tannen an; eine Figur in blauweißem Gewand nähert sich. Stenner idealisiert gewiss, und doch zeigt er ein Motiv, welches für viele Menschen alltäglicher nicht gewesen sein könnte: Der Blick vor dem Beginn der Arbeitsschicht, in den zahlreichen Fabriken des Reiches zum Beginn des 20. Jahrhunderts.
Auch die Rückseite der Arbeit zeigt uns eine eigentlich alltägliche Szene, nimmt uns aber mit in einen ganz anderen Bereich des Lebens – oder vielleicht auch nicht? Hier sehen wir eine Madonnenfigur, mit raschem Pinselstrich auf die Leinwand geworfen, mehr Erinnerungsskizze denn mimetische Wiedergabe einer entdeckten Szenerie. Das Bild strahlt durch die intensive Farbigkeit trotz aller Grobheit eine anziehende Lebendigkeit und Intensität aus.
Fabrik und Madonnenfigur. Arbeitsalltag und Religion. Schweiß und Kontemplation. Was zunächst wie Gegensätze wirken mag, ist sicher nicht ohne Grund Teil desselben Werkes. Nicht nur sind die beiden Aspekte zwei Seiten einer Medaille, sondern sie beide sind wichtige Teile des Lebens der Arbeiterschaft, der „einfachen Leute“, deren Leben Stenner hier porträtiert.
Hülsewig-Johnen/Reipschläger 141/158.
• Schon 23-jährig verstorben, zeigt sich hier bereits seine Meisterschaft
• Das Bild verbindet Arbeiterkultur und Volksreligion auf expressionistische Weise
Als Hermann Stenner 1914 im Krieg stirbt, ist er 23 Jahre alt. Erst seit 1908 lernt er an diversen Akademien Malerei, zu seinen Lehrern gehören Meister wie Adolf Hölzel, bei dem er ab 1911 lernt und sogar ein Meisterschüleratelier nutzen darf. Doch auch das Werk Kandinskys beeinflusst den Schüler und jungen Künstler entscheidend. Durch Akademiestationen in Bielefeld, München, Dachau, Stuttgart sowie Exkursionen lernt Stenner eine Reihe an Kunststilen kennen, experimentiert – und formt so seine eigene künstlerische Stimme. Diese ist deutlich vom Expressionismus durchflossen, zudem finden sich Anleihen an die süddeutsche Malerei der Zeit ebenso wie Verweise auf seine ostwestfälische Herkunft.
1914 meldet sich Stenner freiwillig zum Frontdienst, Ende desselben Jahres ist er tot. Die Kriegsbegeisterung, die er mit vielen anderen jungen Männern seiner Generation – und auch mit vielen Künstlern seiner Zeit – teilt, sie endet für Hermann Stenner am frühen Morgen, irgendwo vor Iłów.
1913 malt Stenner das hier angebotene Bild. Die Vorderseite – oder besser: die Seite, die für die Vorderseite gehalten wird – gibt uns einen Einblick in die Welt der Arbeiter. Das Motiv der Ziegelei taucht wiederholt im Werk Stenners auf, eine andere Version wurde aus der Kunsthalle Bielefeld im Rahmen nationalsozialistischer „Säuberungen“ als „Entartete Kunst“ entfernt. In unserer Version nun rauchen die Schornsteine der Fabrik, Ziegel werden gebrannt. Fast idyllisch mutet die Gebäudeansammlung umgeben von hohen Tannen an; eine Figur in blauweißem Gewand nähert sich. Stenner idealisiert gewiss, und doch zeigt er ein Motiv, welches für viele Menschen alltäglicher nicht gewesen sein könnte: Der Blick vor dem Beginn der Arbeitsschicht, in den zahlreichen Fabriken des Reiches zum Beginn des 20. Jahrhunderts.
Auch die Rückseite der Arbeit zeigt uns eine eigentlich alltägliche Szene, nimmt uns aber mit in einen ganz anderen Bereich des Lebens – oder vielleicht auch nicht? Hier sehen wir eine Madonnenfigur, mit raschem Pinselstrich auf die Leinwand geworfen, mehr Erinnerungsskizze denn mimetische Wiedergabe einer entdeckten Szenerie. Das Bild strahlt durch die intensive Farbigkeit trotz aller Grobheit eine anziehende Lebendigkeit und Intensität aus.
Fabrik und Madonnenfigur. Arbeitsalltag und Religion. Schweiß und Kontemplation. Was zunächst wie Gegensätze wirken mag, ist sicher nicht ohne Grund Teil desselben Werkes. Nicht nur sind die beiden Aspekte zwei Seiten einer Medaille, sondern sie beide sind wichtige Teile des Lebens der Arbeiterschaft, der „einfachen Leute“, deren Leben Stenner hier porträtiert.
Hülsewig-Johnen/Reipschläger 141/158.