Franz Roubaud

Aufbruch zur Falkenjagd
Lot ID
Lotto 33
Artist
Franz Roubaud
Additional Description
Öl auf Leinwand. 59,4 x 82,9 cm. Signiert unten links. Verso auf Keilrahmen fragmentiertes Etikett mit der Nr. „503“ sowie mit dem Stempel der Malbedarfshandlung Hans Kellner, München. Gerahmt.
Period
(1856 Odessa - München 1928)
Technique
Gemälde
Literature
Eckart Lingenauber und Olga Sugrobova-Roth, Franz Roubaud. Catalogue Raisonné, Düsseldorf 2012, S. 214, Kat.-Nr. 495, mit farb. Abb.
Provenance
Dorotheum, Wien, Auktion, 9.5.1995, Los 12;Privatsammlung, Bayern.
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Descrizione
Roubaud, dieser Pendler zwischen den Welten, der sich zu Beginn der 1880er Jahre in München niedergelassen hatte, verstand sich trotz seiner künstlerischen Sozialisation in München als russischer Maler, der in der Darstellung des Kaukasus sein Lebensthema gefunden hatte. Nach einem Aufenthalt mit seinen Eltern in Tiflis in den 1870er Jahren kam Roubaud in München mit der kaukasischen Kultur durch den Maler Theodor Horschelt in Berührung, der sich als Teil einer Militärexpedition von 1858 bis 1863 im Kaukasus aufgehalten hatte und in der Folge mit Darstellungen aus dem Kaukasus Anerkennung fand. Neben Horschelt und seinem Lehrer Josef von Brandt gehörte auch Alfred von Wierusz-Kowalski zu den Malern, die mit ihren Impressionen aus dem Kaukasus großen Einfluss auf das Schaffen Roubauds hatten. Nach seiner Ausbildung in München war auch Zar Alexander III. auf den aus Odessa stammenden Roubaud aufmerksam geworden und ermöglichte ihm zwischen 1882 und 1884 Aufenthalte im Kaukasus, die ihn bis nach Tiflis, Erivan, Baku und Taschkent, sogar nach Samarkand im heutigen Usbekistan führten. 1886 folgte ein weiterer längerer Aufenthalt im Kaukasus, als ihm der Zar den Auftrag gegeben hatte, die in Tiflis neuerrichtete Ruhmeshalle mit Schlachtengemälden auszustatten. Roubaud erlangte in der Folge in diesem Metier Bekanntheit, doch widmete er sich mit gleicher Begeisterung der Schilderung orientalischer Stadt- und Marktszenen, vor allem aber auch kaukasischer Reiter. Selbst ein passionierter Reiter, hat er Kaukasier und Kosaken zu Pferde in allen nur denkbaren Variationen dargestellt – einzeln als Reiter oder als Gruppe beim Überqueren einer Furt, als Standartenträger oder als musizierende und rastende Reiter. Und nicht zuletzt die Falkenjagd zu Pferde – Eckart Lingenauber und Olga Sugrobova-Roth listen in ihrem Werkverzeichnis 15 Jagdgemälde auf (Kat.-Nr. 490-505), die zumeist die Falkenjagd zum Thema haben. Im Gegensatz zu dem rasanten kaukasischen Reiter, der in seiner Wildheit noch Anklänge an die Malerei von Roubauds Lehrer Josef von Brandt zeigt, strahlt dieses Gemälde, erfüllt von harmonischer Farbigkeit, erhabene Ruhe und Konzentration aus – drei Reiter in traditioneller kaukasischer Tracht stehen auf einem Feld, einer von ihnen ist nur von hinten sichtbar, er scheint zu einem unterhalb des Feldes liegenden See hinabzureiten. Die beiden anderen verharren auf ihren Pferden, bewaffnet mit Pfeil und Bogen, während der hintere einen Falken (oder Sperber?) auf dem Arm trägt. Zwei begleitende Jagdhunde blicken aufmerksam in die Landschaft – vielleicht schon in freudiger Erregung, die Beute zu suchen, die der Falke zu Fall gebracht hat. Die Jäger in ihrer Volkstracht begegnen einer Natur, die für ein städtisches Publikum weit entfernt war und den Charakter des Exotischen hatte. Es ist die Zeit, in der Tolstoi mit seinem autobiografischen Roman „Die Kosaken“ in ganz Europa eine Art Kaukasussehnsucht ausgelöst hatte. In Deutschland war es Karl May, der seine Leser in die exotischen Welten des Orients und seiner Ausläufer entführte und nicht zuletzt damit ein Interesse an der entlegenen Region entfachte. Dr. Peter Prange