Carl Blechen (Umkreis)

Heidelberger Schloss. Der zersprengte Turm
Artist
Carl Blechen (Umkreis)
Additional Description
Öl auf Leinwand (doubliert). (Um 1830). 75,8 x 89 cm. Gerahmt.
Details
Nicht bei Rave
Period
(1798 Cottbus – Berlin 1840)
Technique
Gemälde
Literature
Vgl. Paul Ortwin Rave, Carl Blechen. Leben, Würdigungen, Werk, Berlin 1940, S. 366-367, Kat.-Nr. 1444-1448, S. 372–375, Kat.-Nr. 1472-1475.
Provenance
Seit den 1950er Jahren in Privatbesitz, Bayern;im Erbgang an den heutigen Besitzer.
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Beschreibung
Von Karlsruhe „machten wir die Reise nach Heidelberg, wo wir gegen Abend ankamen, wir übernachteten da. Des Morgens tranken wir unsern Kaffee, gingen aus nach den Ruinen des Schlosses, zeichneten da etwas, aßen zu Mittag, gingen noch ein wenig und reisten Nachmittag ab nach Mannheim, […]“. Mit diesen lapidaren Sätzen beschließt Carl Blechen seinen Bericht über seine Reise nach Italien 1828/29 – auf der Rückreise nach Berlin machte er Ende Oktober 1829 für einen Tag Station in Heidelberg. Dort besuchte er das Heidelberger Schloss, dass in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts vor dem Hintergrund der napoleonischen Fremdherrschaft zum Symbol eines erwachenden, gegen Frankreich gerichteten Patriotismus geworden war. Das Schloss war bereits während des Pfälzischen Erbfolgekrieges (1688-1697) durch die Truppen Ludwigs XIV. zerstört worden und seine Ruine wurde im 19. Jahrhundert zum Inbegriff einer Romantik, in der Natur, Kunst und Geschichte eine unnachahmliche Einheit eingingen. Dass Blechen am Schloss nur etwas zeichnete, ist untertrieben - Paul Ortwin Rave, Verfasser des bis heute maßgeblichen Werkverzeichnisses von Blechen, kennt fünf Zeichnungen vom Schloss (Rave 1444-1448) und auch im Nachklang hat Blechen das Motiv weiter verfolgt. Am Beginn steht eine kleinformatige, um 1830 entstandene Ölstudie, die die Grundlage für ein nicht vollendetes, heute verschollenes Gemälde bildete. Auf beiden Gemälden steht der Kraut- oder Pulverturm im Zentrum der Darstellung, der als Munitionslager diente und bei dem Beschuss 1693 explodierte. Bei Blechen meint man, dass die gewaltige Explosion, bei der die mächtigen Mauern des Turms zersprengt wurden, noch nachhallt – wie eine offene „Wunde“ klaffen die mächtigen Mauern des Turms auseinander, ist er eingebettet in eine aufgewühlte Landschaft, deren Dramatik durch Blechens besondere Lichtregie noch gesteigert wird. Während bei Blechen Geschichte noch nachklingt, ist sie auf unserem Gemälde vergangen – in diesem Bild der Zerstörung herrscht Ruhe, erstrahlt die Ruine im hellen Licht der Sonne, hat sich ein Hirte, der sich auf seinen Stab stützt, zusammen mit seinen Ziegen unterhalb des Turms niedergelassen. Es ist das idyllische Bild einer pittoresken Landschaft, in der die Ruine zwischen Nord und Süd steht – links eher eine niederländisch inspirierte Szenerie, während rechts Erinnerungen an südliche Ruinenlandschaften geweckt werden. Dies alles erzählt unser Maler mit großer Detailkenntnis und hoher malerischer Qualität – besonders gut nachvollziehbar in der genauen Beobachtung des Mauerwerks. Es sind noch weitere Fassungen des Motivs bekannt, u. a. in Cottbus und in Bremen, die nicht von Blechen selbst stammen, aber in seinem unmittelbaren Umfeld entstanden sind. Athanasius Graf Raczynski führt in seiner Geschichte der neueren deutschen Kunst 1841 unmittelbar nach Blechens Tod verschiedene Schüler wie Georg Höhn oder Friedrich Eduard Pape auf, doch ist es bisher nicht möglich, einem dieser Schüler die erwähnten Versionen zuzuschreiben. Dies gilt auch für unser neu aufgetauchtes Gemälde, das gleichwohl Beleg ist für die ausgesprochen hohe malerische Kultur in Blechens Umkreis – dabei nicht nur einfach eine Kopie, sondern eine eigenständige Interpretation des Themas, bei dem der Maler die Dramatik Blechens in eine idyllisch-pittoreske Gesamtstimmung überführte. Dr. Peter Prange Mit einer Expertise (in Kopie) von Dr. Ludwig Grote, vom 3.2.1955 (als Carl Blechen).